25November
2013

Die Iren, ihre Kirche und ihre Friedhöfe

Eigentlich hatten Carina, Marie und ich geplant am Wochenende nach Dublin zu fahren, uns die Stadt anzusehen und einen von Maries Freunden zu besuchen, da ich aber am Samstag Abend leider Babysitten musste wurde daraus nichts. Meiner Gastmutter tat das total leid, aber sie und mein Gastvater hatten an dem Abend ein jährliches treffen mit Freunden, die sie sonst selten sehen und ich habe ja noch viele andere Wochenenden vor mir, an denen ich Dublin besuchen kann! Carina und ich sind also hier geblieben und Marie hat sich alleine auf die Reise quer durchs Land gemacht.

Weil Carina und mich schon länger interessiert hat wie die Gottesdienste hier in Irland sind haben wir kurzerhand beschlossen hier mal die evangelische Kirche zu besuchen. Davon gibt es nur eine hier in Tralee, da die meisten Iren ja katholisch sind und es waren auch kaum Leute da, wir wurden also gleich als fremde erkannt aber trotzdem herzlich willkommen geheißen.

In der Kirche war es kälter als draußen, da sie die Heizung erst nicht an bekommen haben und so hing unser Atem wie Nebel in der Luft. Irgendwie wirkte aber der gesamte Gottesdienst unorganisiert und ich könnte mir gut vorstellen, dass sie die Heizung einfach vergessen haben, so wie der Pastor vieles andere vergessen hatte...

Eigentlich wollte er ein Video von einem Farmer zeigen, der Probleme auf seiner Farm hatte (Warum er das wollte? Keine Ahnung), aber er hatte vergessen seinen Laptop aufzuladen und komischer weise hatte keiner der Besucher einen dabei, außerdem hat er uns von einem Event erzählt, dass demnächst stattfinden soll, er hatte aber vergessen wann und als er uns von einem Mann erzählt, hatte er seinen Namen vergessen...mittendrin hat er dann noch einen Block Papier rumgehen lassen auf dem jeder sein Geschlecht und sein Alter aufschreiben sollte. Dafür gab es eigentlich auch eine fertige Liste zum ankreuzen, die hatte er aber auch vergessen. Naja, das alles wirkte etwas seltsam, vielleicht haben wir nur einen komischen Tag erwischt, aber der Gottesdienst hatte eher etwas von einer Team -besprechung als von einem Gottesdienst wo doch eigentlich der Glauben an erster Stelle stehen sollte und nicht irgendwelche kleinen Geschichten und Listen ohne Zusammenhang. Vielleicht habe ich es aber auch einfach nicht verstanden, vielleicht war es auch das Irische easy going? Ich weiß es nicht, auf jeden Fall wollen Carina und ich auch nochmal die katholische Kirche besuchen, die ja auch die viel größere hier in Irland ist...vielleicht haben wir dann ein besseren Vergleich zur deutschen Kirche. Denn das war echt seltsam. 😀

Nach der Kirche sind Carina und ich noch zum Manor West gegangen, ein Shopping centre etwas außerhalb des Stadtzentrums. (In Irland haben die Läden generell auch Sonntags geöffnet.)

Auf dem Weg dorthin kamen wir an Tralees ziemlich großen Friedhof vorbei, über den wir dann am Rückweg geschlendert sind und uns einen dieser mysteriösen Plätze einmal genauer anzuschauen. Die Friedhöfe sind mit denen in Deutschland kaum zu vergleichen. Wo die Friedhöfe in Deutschland eher an ordentlich gepflegte Parkanlagen erinnern mit vielen aufwendig verzierten Grabsteinen und liebevoll geschmückten Gräbern, erinnern die Friedhöfe Irlands eher an Gruselfilme, mit Ruinen und Gruften. Ein Grab ist hier Zeitlos und uralte Gräber mit kaum mehr lesbaren Grabsteinen, längst vergessenen Menschen liegen hier, Gras überwachsen, in einem wilden Durcheinander. Die Grabsteine sind rau, Namen in den rauen Stein eingemeißelt ohne ihn weiter zu bearbeiten, oft sieht man nur eines dieser keltischen Kreuze, mit dem Ring umrandet, als Zeichen der Sonne. Sie stehen da, verlassen, wo mal ein Grab gewesen sein mag. Manchmal gibt es Wege, manchmal nicht. In Reih und Glied liegen nur die neueren Gräber weiter hinten, manche von ihnen sind mit fahlen grauen Stein umrandet, mit buntem Kies und Plastikblumen geschmückt. Sie geben dem mystischen, tristen Grau ein wenig Farbe, halten Wind und Wetter über lange Zeit stand.

Diese Friedhöfe haben gleichzeitig etwas trauriges, etwas einsames, aber sie sind auch wunderschön, natürlich und mystisch. Und sie erzählen Geschichten, von Menschen die geliebt wurden und Menschen an die immer noch gedacht wird. Aber sie erzählen auch, dass das Leben der Angehörigen weitergeht und das die Toten hier ihren Frieden gefunden haben. Und das das gut ist.