20Februar
2014

Die eigenen Macken

Der Grund, warum ich in letzter Zeit nur wenig geschrieben habe, ist der, dass meine Gedanken in letzter Zeit nur wenig mit Irland zu tun hatten. Ich habe viel darüber nachgedacht wo ich Ende des Jahres sein werde, was ich tun werde und wie. Die Gedanken, die tatsächlich mit Irland zu tun hatten, waren schwer in Worte zu fassen. Weil ich nicht und eben und so und genau deshalb. Ich hab es trotzdem versucht, so gut es eben ging und ich hoffe ihr versteht was ich meine.

Mir sind in letzter Zeit meine eigenen Macken und Kanten immer bewusster geworden und ich glaube meine Freunde hier, bekommen sie auch härter zu spüren, als meine Freunde zu hause. Eigentlich sollte man ja denken, dass man grade in einem fremden Land, wo einen niemand kennt, so ganz die Person sein könnte die man gerne wäre oder die, die andere von einem erwarten, ein besseres ich. Nicht aber in einem Auslandsjahr. (Außer natürlich du legst es wirklich drauf an.) Und das ist gut so, denn hier geht’s ja schließlich darum sich selbst besser kennenzulernen und vielleicht erst dadurch seine Macken etwas glatter zu feilen. Was dich am Ende sowieso viel glücklicher macht, als anderen ein besseres ich vorzuspielen.

Das man nur weil man in ein anderes Land kommt nicht gleich zum anderen Menschen wird ist ja eigentlich klar. Man verbringt viel zu viel Zeit mit den selben Leuten um sich wirklich zu verstellen. Wir sind eben wer wir sind, und anderen etwas anderes vorzuspielen ist nicht nur super anstrengend, sondern muss auch gut durchdacht sein. Man kann schließlich nicht anders sein und handeln ohne vorher zu wissen wie man den anders sein und anders handeln will. Und selbst wenn man das weiß und noch dazu ein guter Schauspieler ist, so hätten wir uns durch das ewige Versteckspiel nur eine zusätzliche Last aufgelegt und wären doch immer noch genauso kantig wie vorher.

Warum mir meine Fehler hier aber noch viel mehr auffallen als zuhause hat wohl verschiedene Gründe. Der eine ist, dass ich hier sehr viel Freizeit habe und so mit viel Zeit um über alles mögliche nachzudenken, inklusive über mich selbst. Der andere, aber wohl noch viel wichtigere Grund sind die Freunde die ich hier habe. Gute Freunde, wild zusammengewürfelt.

Wir kommen aus allen Ecken Deutschlands, hören verschiedene Musik, haben verschiedene Interessen, verschiedene Meinungen und könnten unterschiedlicher kaum sein.

Wir haben unsere Freundschaft nicht langsam aufgebaut, nicht mit der Zeit gleiche Interessen entdeckt und immer mehr Zeit miteinander verbracht, weil wir uns nicht nur gut verstanden haben, sondern auch viel gemeinsam hatten. Nein. Wir haben eines das wir alle teilen. Wir sind in Irland. Und das ist gut so. Natürlich ist es nicht immer leicht, verschiedene Meinungen prallen oft mal gegeneinander, man stößt sich an den Kanten und Ecken der anderen, rollt mit den Augen über komische Ideen, kritisiert und wird kritisiert.

Und dann ist da ja auch noch dieser Druck jedes Wochenende etwas machen zu müssen, sich immer zu treffen wenn man kann, um dieses Jahr voll und ganz ausnutzen zu können. Dieser Druck sich immer wieder zu vertragen, Kompromisse einzugehen und Kritik zu akzeptieren, sie schneller zu verdauen. Dieser Druck ist hier ein ganz anderer als zuhause, den zuhause spielt die Zeit auch nicht so eine große Rolle, dort ist nicht jedes Wochenende gezählt und man hat massenhaft Zeit sich aus dem Weg zu gehen, wenn man sich grade mal nicht so gut versteht.

Versteht mich nicht falsch. Ich bin super glücklich meine Freunde hier gefunden haben und ich bin froh darüber das sie sind wer sie sind. Nicht nur weil ich so gerne Zeit mit ihnen verbringe, sondern eben auch, weil ich mich selbst durch sie besser kennenlerne. Die guten und eben auch die schlechten Seiten. Und wer weiß, vielleicht kommt am Ende ja ein besseres ich dabei raus! 😀