09April
2014

24. Februar. 2000


Fast hätte ich erwartet eine Leiche zu sehen, die Leiche eines alten Mannes oder einer alten Frau, die hier gewohnt hatten und die niemand vermisste. Aber ich sah nichts. Ich beugte mich noch etwas weiter vor und zuckte zurück.

Lugte noch einmal hinein, aber auf dem Boden des winzigen Raumes lag nur ein verdrecktes Bettlaken, mein Blick wanderte die Wand hinauf. Der Raum war kaum größer als eine Umkleidekabine im Schwimmbad, durch die offene Tür konnte ich in den nächsten Raum sehen. Ich schaute auf die Haustür, bestimmt war sie offen oder man könnte einfach durch eines der offenen Fenster klettern. Aber ich tat es nicht. Stattdessen ging ich zum nächsten Fenster schaute hinein. Hier war also die Küche. Gewesen. Es war nur noch die Spüle übrig. Eine aufgeschlagene Zeitung lag auf der Arbeitsfläche daneben.

Ein Bild von einem alten Mann erschien in meinem Kopf. Er stand gedankenverloren an der Spüle, eine Kaffeetasse in der Hand. Er blätterte in der Zeitung ohne darin zu lesen, Falten zerfurchten sein Gesicht und dunkle Augenringe ließen in erschöpft und müde wirken. Er nahm einen Schluck von seinem Kaffee, fluchte, weil er sich verbrannt hatte und erwachte aus seinen Gedanken.

Ich war schon längst wieder zuhause, aber dieses Haus lies mich nicht mehr los. Im Gegenteil, der Blick durch die Fenster hatte meine Neugier keineswegs gemildert.

Marie rüttelte an der Tür, sie war verschlossen. Erst jetzt bemerkte ich, das die Fenster gar nicht geöffnet waren, wie ich zuerst gedacht hatte, es waren gar keine Fenster mehr dort. Löcher in der Wand, nicht mehr. Marie kletterte auf die Fensterbank und im nächsten Augenblick war sie im Haus verschwunden. 

Im Haus roch es alt und vermodert. Mehrere Lagen Tapeten blätterten von der Wand ab, der Boden wölbte sich. Möbel gab es nicht mehr. Ich ging zur Spüle herüber. 24. Februar. 2000. Dann stand das Haus schon so lange leer... 

Wir schauten uns im Rest des Hauses genauer um. Von innen schien es viel größer als ich vermutet hatte, aber es war immer noch winzig. Es gab 5 Räume, der Raum in dem wir standen war sowohl Eingangsbereich, Küche und wahrscheinlich auch Wohnzimmer gewesen. Das vermutete ich zumindest. Er war das Zentrum des Hauses. Hier gab es die Spüle plus Arbeitsfläche und einen Kamin. Gegenüber vom Kamin war deutlich ein großes helleres Viereck der Wand zu sehen, vielleicht hatte dort mal ein Schrank gestanden. Zu gerne hätte ich gewusst wie dieses Haus noch vor 14 Jahren ausgesehen hatte und was am 24. Februar. 2000 geschehen war. Von der Küche gingen auf der einen Seite zwei Türen zu jeweils zwei gleichgroßen Räumen. Sie waren nicht größer als das ein Bett reingepasst hätte.

Auf der anderen Seite ging es weiter in einen winzigen Raum von dem es weiter ins Bad ging. Dusche, Toilette, Waschbecken. Am Haken neben der Toilette hing noch immer Klopapier. An der Dusche Shampoo.

Viel mehr wurde nicht hinterlassen. Neben der Spüle fanden wir noch zwei Kochtöpfe und an den Kamin gelehnt standen zwei Bilderrahmen. Mein Herz machte einen Satz, aber Bilder gab es nicht mehr. 

Wer hatte hier gelebt? Warum hatte man das Haus verlassen? Schade, das ich das wohl nie erfahren werde.